Zeitbehaftetes Petri-Netz

Zeitbehaftete Petri-Netze sind eine besondere Form von Petrinetzen und werden als E-Netze, bzw. Evaluation-Nets oder Auswertungsnetze bezeichnet. Im Unterschied zu den herkömmlichen Petrinetzen berücksichtigen sie zeitbezogene Aspekte beim Schalten von Übergängen (Transitionen) und ermöglichen damit deren Verwendung in der Simulation. Im Zusammenhang mit zeitbehafteten Petrinetzen spricht man auch von höheren Netzen.

Die Auseinandersetzung mit realen Systemen hat gezeigt, dass sich mit den originären Petrinetzen weder die Zeiten für die Bearbeitung von Prozessen darstellen lassen noch datenabhängige Entscheidungen möglich sind. Diese Beschränkungen werden unter Aufgabe der mathematischen Behandelbarkeit durch die Einführung der so genannten Auswertungsnetze (Evaluation Nets, E-Netze) aufgehoben und damit die Möglichkeit zur Modellbildung und Simulation von komplexen Systemen geschaffen.

Ein Auswertungsnetz-Modell besteht aus zwei wesentlichen Teilen:

  • dem eigentlichen Auswertungsnetz, das die funktionalen Eigenschaften des zu modellierenden Systems beschreibt und
  • einem beschreibenden Teil zur formalen Beschreibung der prozeduralen Eigenschaften von Transitionen.

Ein Auswertungsnetz ist stets aus den folgenden Grundelementen aufgebaut:

  • den Marken, die die beweglichen Modellobjekte mit ihren spezifischen Eigenschaften (Markenattribute) darstellen,
  • den Plätzen, in sich jeweils höchstens eine Marke befinden kann
  • und den Transitionen, die die Prozesse repräsentieren, durch die die Marken - die Modellobjekte - Veränderungen in ihren Eigenschaften und in Bezug auf ihre Richtungen im Netz erfahren.

Eine Marke besteht aus einer - gegebenenfalls leeren - Menge von Parametern, den so genannten Objekt- und Markenattributen. Sie dient zur Realisierung von Objekten eines Systems, deren Eigenschaften durch die Markenattribute beschrieben werden. Diese Markenattribute werden beim Schalten der Transitionen entsprechend modifiziert.

Ein Platz dient der Lokalisierung von Marken sowie als Verbindungselement zwischen den Transitionen. Ein Platz kann höchstens eine Marke enthalten; dadurch sind Auswertungsnetze durch Definition sicher. Ein Platz ist stets in "Vorwärtsrichtung" über eine gerichtete Kante mit derjenigen Transition verbunden, zu der dieser Eingangsplatz ist.

Eine Transition wird beschrieben durch:

  • das entsprechende Grafiksymbol zur Darstellung der Logik des Markentransports beim Schalten der Transition
  • einen Prozessteil, der die Veränderung der Markenattribute beim Schalten der Transition beschreibt
  • und einer Prozesszeit, die den Zeitbedarf beschreibt, den die Ausführung der Modellaktivität benötigt.

Bei den sogenannten Konflikt-Transitionen kommt ergänzend noch eine Entscheidungsprozedur hinzu. Diese realisiert - gegebenenfalls in Abhängigkeit von den Markenattributen - einen Richtungswert, durch den der Markentransport in seiner Richtung beeinflusst wird.

Eine Transition wird aktiv, wenn seine typspezifische als auch bei den Konflikt-Transitionen seine prozedurale Schaltbedingung (Entscheidungsregel) erfüllt ist. Mit dem Eintreten dieses Zustands wird die der Transition zugeordnete Prozesszeit ermittelt und gestartet. Nach dem Ablauf der Prozesszeit schaltet die Transition. Dabei werden die Marken entsprechend der Schaltregel des jeweiligen Transition-Typs aus den Prästellen in die Poststellen bewegt sowie die Markenattribute entsprechend den im Prozessteil festgelegten Regeln verändert. Im Falle der Konflikt-Transitionen wird der Transport der Marken in seiner Richtung entsprechend der durch Auswertung der Entscheidungsregel gefundenen Festlegung beeinflusst.

Informationen zum Artikel
Deutsch: Zeitbehaftetes Petri-Netz
Englisch: evaluation net - E-Net
Veröffentlicht: 03.11.2013
Wörter: 475
Tags: Entwicklung, Codierung
Links: Aspekt, Simulation, Nutzlast, Prozess, Objekt
Übersetzung: EN
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